Stillen in DDR - historische Frage
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Re: Stillen in DDR - historische Frage
Von meiner Verwandschaft weiß ich, daß (in den 80gern) das Stillen vom Krankenhaus im Prinzip gefördert wurde, d.h. die Mütter sollten, es gab Milchbanken etc. aber z. T. wie man heute (wieder) weiß auch recht verquere Vorstellungen: räumliche Trennung von Mutter und Kind nach der Geburt für 2 Wochen (die Säuglinge wurden viel von den Schwestern versorgt), 4-Stunden-Rhythmus, beifüttern auch mit Flaschenmilch ab 3-4 Monaten. Sie hatten dann auch alle zu wenig Milch (?) und haben eher bald nach Einführung der Flaschenkost abgestillt. Außer einer Cousine, die in den 90gern ein Baby bekam. Die ist das alles nach Gefühl und eher gemütlich angegangen und hat sogar ein Jahr lang gestillt.
Mama mit großem Bären 2009
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Re: Stillen in DDR - historische Frage
Was haben die 90er Jahre denn mit der DDR zu tun?kerstin10 hat geschrieben:Außer einer Cousine, die in den 90gern ein Baby bekam. Die ist das alles nach Gefühl und eher gemütlich angegangen und hat sogar ein Jahr lang gestillt.
Mein ältester Sohn ist 94 geboren und da war Stillen durchaus nicht unnormal (habe ihn 25 Monate gestillt, davon 14 voll).
- Leogecko
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Re: Stillen in DDR - historische Frage
meine Mutter erzählte mir, dass es diesen 4-Stunden -Rhytmus gab und was dann noch an Milch in der brust war, musste abgepumpt werden. Sie wusste nicht, was dann mit dieser abgepumpten Milch passiert ist. Unter diesen Umständen konnte sie natürlich nicht länger als 3 Monate stillen
meine Hausnachbarin erzählte mir von ihrer Bekannten, die durch ihre abgepumpte Milch so viel geld bekommen hatte, dass sie sich davon eine neue Küche kaufen konnte! Selbst Küchen waren zu DDR Zeiten ja nicht gerade billig...
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mit den Mädels* 04/2010 und *03/2013
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Re: Stillen in DDR - historische Frage
der stillstart in der DDR war nicht so einfach- meine mutter und meine oma hatten auch "zu wenig milch" kein wunder- es gab kein roaming in, meine mutter bekam mich nur alle 4 stunden zu stillen und es wurde nachgefüttert, wenn das kind nicht genug milch getrunken hatte und dann musste eine 8 stündige nachtpause eingehalten werden.
meine mutter hatte sehnsucht nach mir und durfte mich nicht sehen
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- hawaii
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Re: Stillen in DDR - historische Frage
Ich will mal was von uns dazu erzählen:
Der Start war alles andere als prickelnd, meine Mutter lag nach Notkaiserschnitt fast 2 Wochen auf der Intensivstation und ich sicher auf der Säuglingsstation.
Gesehen hat sie mich auch nur alle Stunden. Aber jetzt kommt der Hit: Sie hat sich geweigert, Abstilltabletten zu schlucken und abgepumpt.
Und nach der Entlassung kam meine kriegserprobte! Oma, die meine Mutter bis 4! gestillt hatte, weil sie damals sonst einfach verhungert wäre auf der Flucht.
Die sagte: Leg an, wir haben alle gestillt, jede kann das. punkt. Ganz rigoros und ganz bestimmt.
Und es hat funktioniert! Ich hab getrunken wie ein Weltmeister.
Bei der Mütterberatung musste meine Mutter antanzen und "vorstillen", da wurde gewogen, dass es einer Psychotour gleichkommt. Man glaubte ihr einfach nicht, dass sie nach der Pause im KKH genug Milch hätte und siehe da, die gewogenen Mengen waren wohl angeblich zu wenig. So 70 g, aber wer stillt schon mehr unter Stress ??? Dann wurde sie überredet, zuzufüttern und man redete ihr ein, es würde nicht ausreichen.
Das Ergebnis war, dass ich ziehmlich schnell wie ein Hefeklops aussah. Daraufhin hat meine eigensinnige, sture Mama ( Gott sei Dank!!!), den Zufütterquatsch ganz schnell wieder gelassen und mich lustig bis ein Jahr gestillt. Immerhin! Oma sei Dank! Sturheit sei Dank!
Und so wie ich es mitbekommen habe, hat sie sich auch einen Dreck um 4 Stunden Vorgaben geschehrt. O-Ton meiner Oma dazu: Sonst wären die Babys ja verhungert! Entrüstet!
*hihi*
Aber was meine Oma geleistet hat, steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Die hat 3 eigene Kinder, 5 Geschwister und ihren alten Vater alle durchgekriegt, aufm Treck die Windeln meiner Mutter am eigenen Leib über der Schürze getrocknet. Alles, was sie hinterher noch besaß, war eine Flasche Desinfektionsmittel.
Wenn ich mit Sohni bei meiner Oma war, dann fragte sie zuerst, ob ich auch ja gut! gegessen hätte. Nicht viel, aber gut! Mich beim Stillen betuddelt und gepflegt und dann immer ganz niedlich in Sohnemanns Pospreckfältchen reingeprüft, ob er hübsch propper ist.
Der Start war alles andere als prickelnd, meine Mutter lag nach Notkaiserschnitt fast 2 Wochen auf der Intensivstation und ich sicher auf der Säuglingsstation.
Gesehen hat sie mich auch nur alle Stunden. Aber jetzt kommt der Hit: Sie hat sich geweigert, Abstilltabletten zu schlucken und abgepumpt.
Und nach der Entlassung kam meine kriegserprobte! Oma, die meine Mutter bis 4! gestillt hatte, weil sie damals sonst einfach verhungert wäre auf der Flucht.
Die sagte: Leg an, wir haben alle gestillt, jede kann das. punkt. Ganz rigoros und ganz bestimmt.
Und es hat funktioniert! Ich hab getrunken wie ein Weltmeister.
Bei der Mütterberatung musste meine Mutter antanzen und "vorstillen", da wurde gewogen, dass es einer Psychotour gleichkommt. Man glaubte ihr einfach nicht, dass sie nach der Pause im KKH genug Milch hätte und siehe da, die gewogenen Mengen waren wohl angeblich zu wenig. So 70 g, aber wer stillt schon mehr unter Stress ??? Dann wurde sie überredet, zuzufüttern und man redete ihr ein, es würde nicht ausreichen.
Das Ergebnis war, dass ich ziehmlich schnell wie ein Hefeklops aussah. Daraufhin hat meine eigensinnige, sture Mama ( Gott sei Dank!!!), den Zufütterquatsch ganz schnell wieder gelassen und mich lustig bis ein Jahr gestillt. Immerhin! Oma sei Dank! Sturheit sei Dank!
Und so wie ich es mitbekommen habe, hat sie sich auch einen Dreck um 4 Stunden Vorgaben geschehrt. O-Ton meiner Oma dazu: Sonst wären die Babys ja verhungert! Entrüstet!
*hihi*
Aber was meine Oma geleistet hat, steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Die hat 3 eigene Kinder, 5 Geschwister und ihren alten Vater alle durchgekriegt, aufm Treck die Windeln meiner Mutter am eigenen Leib über der Schürze getrocknet. Alles, was sie hinterher noch besaß, war eine Flasche Desinfektionsmittel.
Wenn ich mit Sohni bei meiner Oma war, dann fragte sie zuerst, ob ich auch ja gut! gegessen hätte. Nicht viel, aber gut! Mich beim Stillen betuddelt und gepflegt und dann immer ganz niedlich in Sohnemanns Pospreckfältchen reingeprüft, ob er hübsch propper ist.
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Re: Stillen in DDR - historische Frage
hawaii, du hast eine tolle Oma und genauso eine tolle Mutter. Finde ich einfach nur prima.
- Kate
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Re: Stillen in DDR - historische Frage
@haweii: Das sind ja echt starke Frauen, liest sich wirklich toll, dein Bericht.
Und toll, wie sie die gesellschaftlichen Normen links liegen gelassen haben und ihren eigenen Weg, auf ihre eigenen Muttergefühle hörend, so "richtig" gegangen sind.
Und toll, wie sie die gesellschaftlichen Normen links liegen gelassen haben und ihren eigenen Weg, auf ihre eigenen Muttergefühle hörend, so "richtig" gegangen sind.
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Re: Stillen in DDR - historische Frage
Ja, großartig was hawaii berichtet! Und interessant, was die anderen so erzählen, oder? Also das mit den Milchbanken kenne ich auch. Ich habe gehört es hab 12 Mark für den Liter. Das wäre viel bei einer Wohnungsmiete zwischen 40 und 80 Mark. Allerdings wenig, wenn man ne Dose Ananas ausm Delikat kaufen wollte. Hätte nur eine dafür gegeben
die Große 03/10 und der Lütte 03/13 - Breast in Peace!
- sari popari
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Re: Stillen in DDR - historische Frage
@ hawaii: du hast eine süße Omi!!!
Liebe Grüße,
sari, glücklich alleinerziehend mit zwei Teenies (07/09)
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Re: Stillen in DDR - historische Frage
Noch ein bißchen was zur Ergänzung, ich habe mich vor einiger Zeit intensiver damit beschäftigt für eine Arbeit:
Die Milch in den Milchbanken wurde vor allem für Frühchen und sehr schwache Neugeborene eingesetzt, denn die in der DDR erhältliche Säuglingsmilchnahrung (Babysan, KI-NA, Milasan) war qualitativ weit entfernt von den heutigen Standards (wie das im Westen in den 70/80ern war weiß ich nicht genau, habe mich nur mit der Säuglingsgeschichte in der DDR befasst, aber wahrscheinlich ähnlich). Mal davon abgesehen gab es auch in der Säuglingsmilchproduktion, wie bei fast allem anderen, immer mal wieder Rohstoff-/Lieferengpässe. Die Kliniken waren auf die Muttermilchbanken also zwingend angewiesen und bei aller sonstigen Stillunfreundlichkeit hatten die Geburtsstationen ein Interesse daran, dass das Stillen in den ersten Wochen irgendwie (halbwegs) funktioniert, bis die Alternativnahrungen einigermaßen gescheit vertragen wurden, und ordentlich nachgepumpt wird, um die "Überschüsse" ankaufen zu können.
Sowohl in Kliniken als auch in den Kinderkrippen wurde spätestens ab ca. 6-8 Wochen künstliche Säuglingsmilch gefüttert, sehr zügig auch angereichert mit Gemüse- oder Obstmus/-saft. Hier stand nicht unbedingt eine ideologisch frühe Beikostgewöhnung im Vordergrund, sondern eher die Erfahrung, dass die Kinder mit der Milchnahrung tatsächlich schnell einen Vitaminmangel bekamen. Allerdings wurde auch recht zügig mit Getreide angereichert, das dann schon mit der Absicht die Mahlzeitenabstände zu vergrößern. Das "Nahrungsmanagement" in den Krippen war ebenfalls ziemlich straff durchorganisiert, es wurde eindeutig bevorzugt, dass die Kinder dort in den üblichen Standard eingepasst werden konnten - das Mitbringen abgepumpter Milch in die Krippe war wohl weder üblich noch erwünscht.
Der 4-Stunden-Rhythmus und andere stillfeindliche Ideologie war auch im Westen sehr verbreitet, wurde aber in der DDR durch die "Mütterberatung" wesentlich stärker "sozial kontrolliert". Die Verweildauer im Krankenhaus nach der Geburt betrug ca. eine Woche, in denen die Kinder meistens recht rigoros von den Müttern ferngehalten wurden - vor allem nachts - und schon auf den Rhythmus "eingestellt" wurden. Zuhause scheiterte das Stillen dann oft schon beim ersten richtigen Wachstumsschub des Kindes an "zuwenig Milch". Ein echtes Problembewusstsein dafür gab es allerdings eher nicht, da kurze Zeit später ohnehin für viele Babys die Krippenzeit begann und die Vereinbarkeit von Beruf und Stillen für die meisten jenseits aller Vorstellung lag.
(Im Westen hingegen ist der beliebteste Abstillgrund dieser Zeit wohl "schadstoffbelastete Muttermilch" gewesen - weil angeblich die künstliche Milch "sauberer" war... was die Leute alles glauben, wenn nur genug gesponserte Studien gemacht werden, da hat sich nix dran geändert bis heute...)
Die Milch in den Milchbanken wurde vor allem für Frühchen und sehr schwache Neugeborene eingesetzt, denn die in der DDR erhältliche Säuglingsmilchnahrung (Babysan, KI-NA, Milasan) war qualitativ weit entfernt von den heutigen Standards (wie das im Westen in den 70/80ern war weiß ich nicht genau, habe mich nur mit der Säuglingsgeschichte in der DDR befasst, aber wahrscheinlich ähnlich). Mal davon abgesehen gab es auch in der Säuglingsmilchproduktion, wie bei fast allem anderen, immer mal wieder Rohstoff-/Lieferengpässe. Die Kliniken waren auf die Muttermilchbanken also zwingend angewiesen und bei aller sonstigen Stillunfreundlichkeit hatten die Geburtsstationen ein Interesse daran, dass das Stillen in den ersten Wochen irgendwie (halbwegs) funktioniert, bis die Alternativnahrungen einigermaßen gescheit vertragen wurden, und ordentlich nachgepumpt wird, um die "Überschüsse" ankaufen zu können.
Sowohl in Kliniken als auch in den Kinderkrippen wurde spätestens ab ca. 6-8 Wochen künstliche Säuglingsmilch gefüttert, sehr zügig auch angereichert mit Gemüse- oder Obstmus/-saft. Hier stand nicht unbedingt eine ideologisch frühe Beikostgewöhnung im Vordergrund, sondern eher die Erfahrung, dass die Kinder mit der Milchnahrung tatsächlich schnell einen Vitaminmangel bekamen. Allerdings wurde auch recht zügig mit Getreide angereichert, das dann schon mit der Absicht die Mahlzeitenabstände zu vergrößern. Das "Nahrungsmanagement" in den Krippen war ebenfalls ziemlich straff durchorganisiert, es wurde eindeutig bevorzugt, dass die Kinder dort in den üblichen Standard eingepasst werden konnten - das Mitbringen abgepumpter Milch in die Krippe war wohl weder üblich noch erwünscht.
Der 4-Stunden-Rhythmus und andere stillfeindliche Ideologie war auch im Westen sehr verbreitet, wurde aber in der DDR durch die "Mütterberatung" wesentlich stärker "sozial kontrolliert". Die Verweildauer im Krankenhaus nach der Geburt betrug ca. eine Woche, in denen die Kinder meistens recht rigoros von den Müttern ferngehalten wurden - vor allem nachts - und schon auf den Rhythmus "eingestellt" wurden. Zuhause scheiterte das Stillen dann oft schon beim ersten richtigen Wachstumsschub des Kindes an "zuwenig Milch". Ein echtes Problembewusstsein dafür gab es allerdings eher nicht, da kurze Zeit später ohnehin für viele Babys die Krippenzeit begann und die Vereinbarkeit von Beruf und Stillen für die meisten jenseits aller Vorstellung lag.
(Im Westen hingegen ist der beliebteste Abstillgrund dieser Zeit wohl "schadstoffbelastete Muttermilch" gewesen - weil angeblich die künstliche Milch "sauberer" war... was die Leute alles glauben, wenn nur genug gesponserte Studien gemacht werden, da hat sich nix dran geändert bis heute...)
2004/2006/2014