erstmal: Sorry, es wird lang
Ich weiß gar nicht so recht, was ich mir von diesem Thread erhoffe; Zuspruch, moralische Unterstützung, einfach mal die Gedanken in Worte fassen?
Ich bin bereits seit Sommer 2016 hier registriert, meine Töchter sind 6,5 Jahre und 3,5 Jahre alt und in ihren Babyzeiten habe ich vor allem im Tragebereich hier viel gelesen und auch ein wenig geschrieben. Ich bin nämlich Tragemama mit Leib und Seele und meine beiden haben es auch geliebt.
Gestillt habe ich beide Mäuse nicht. Bei der Großen habe ich es kurz versucht, aber es war eigentlich von Vornherein zum Scheitern verurteilt. Der klassische Weg, Klinikgeburt, jede Pflegekraft und Hebamme sagt einem was anderes, zufüttern, abpumpen, alle reden auf einen ein, die Mutter, die Schwiegermutter, der eigene Ehemann. Heute vermuten wir, dass das Kind ohne wirklich professionelle Hilfe auch gar nicht hätte stillen können, sie hatte und hat eine orofasziale Dysfunktion und noch diverse andere Diagnosen mittlerweile, einen Pflegegrad, Antrag auf Schwerbehinderung läuft; ist aber insgesamt eine fröhliche und auf den ersten Blick völlig unauffällige Sechsjährige ("Man sieht ihr das ja gar nicht an!").
Nach rund zwei Wochen dann: Es reicht! Das Kind bekommt jetzt die Flasche und fertig. Mutter, Ehemann, Schwiegermutter glücklich: "Du hast es wenigstens versucht! Ich konnte auch nicht stillen! Flaschenkinder werden auch groß!" Puh, Absolution erhalten.
Ich habe dann immer gesagt (mir vielleicht auch eingeredet), dass ich eh von Anfang an die Flasche geben wollte und das Stillen nur wegen des sozialen Drucks probiert habe.
Im Frühsommer 2019 kam dann unsere zweite Tochter zur Welt. Nach der traumatischen Klinikgeburt eine heilsame und wunderschöne Hausgeburt.
Bereits in der Schwangerschaft habe ich allen sofort klar gemacht, dass sie ein Flaschenkind wird, nicht noch einmal dieser Horror! Alle waren still - haben sie doch gesehen, dass die Große auch mit der Flasche groß geworden ist. Ich nahm keine Abstilltabletten und habe ein wenig abgepumpt in den ersten Wochen. Die Hebamme war erstaunt ob meiner Milchmenge, betreut sie sonst oft Frauen, die um jeden Tropfen kämpfen. Ich glaube, es lag daran, dass es mir einfach egal war.
Ich denke immer, die Kleine wäre gerne ein Stillkind gewesen und sie hätte das bestimmt wunderbar gemacht. Sie hat wochenlang bei meinem Mann und bei mir wie bekloppt gesucht, bestand auf Naturnah-Sauger, den Mund immer wunderbar 180° geöffnet, Körper an Körper, immer eine Hand im Ausschnitt
So, jetzt ist Nummer Drei unterwegs. Seit heute 25. Woche, wieder eine geplante Hausgeburt, gleiche Hebamme. Und alle gehen davon aus, dass es die Flasche gibt. Für meine Töchter ist es eine erschreckende Normalität, dass Babys die Flasche bekommen. Sehen sie irgendwo ein stillendes Baby, fragen sie völlig perplex "Was macht das Kind da?"
Und ich stehe auf einmal da und zweifle. Ob ich es nicht doch noch mal probieren will und eigentlich strotze ich vor Selbstbewusstsein, dass ich stillen kann. Warum denn auch nicht?
Hinzu kommen praktische Überlegungen... Die zehn Kilo Wickeltasche nervt... Das Drama im ersten Lockdown, als überall Pre ausverkauft war... Die Flutkatastrophe im Ahrtal und die damit verbundene Erkenntnis, dass Strom und sauberes Trinkwasser Privilegien und keine Selbstverständlichkeiten sind... Der Krieg in der Ukraine, die Unsicherheit, die explodierenden Kosten... Die Angst vor der RSV-Saison im kommenden Herbst und der Wunsch, dem Minimäuschen ein paar Antikörper mitzugeben. Die Kleine hatte mit fast drei Jahren RSV und es war so schlimm!
Aber auch irgendwie ein herrliches Gefühl der Gesetztheit, beim dritten Kind weiß man, wie der Hase läuft und ich habe zum ersten Mal das Gefühl, mich auf das Abenteuer Stillen einlassen zu können. Gedanken wie "Wie mache ich das auf dem Spielplatz oder sonst in der Öffentlichkeit?" sind mir irgendwie völlig egal. Dann stille ich halt auf dem Spielplatz.
Meine Hebamme meinte nur vor ein paar Wochen "Dann wirst Du dieses Mal sicher auch wieder die Flasche geben" und ich habe nicht widersprochen. Der Gedanke ans Stillen begleitet mich seit Beginn der Schwangerschaft und ich weiß mittlerweile, dass ich es tun will. Ich habe auch noch keine Flaschen oder sonst was gekauft. Bei der Kleinen war das alles in der 25. Woche längst da.
Wie soll ich das meinem Mann verklickern? Was werden die Kinder sagen? Ich fühle mich wie ein Teenager
Vielleicht hat ja jemand bis hierhin durchgehalten und mag einfach mal seinen Senf dazu abgeben
Liebe Grüße,
Feci,
die gleich erstmal los zum Kindergarten muss