Zu viel im Tragetuch?

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Pharetrata
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Re: Zu viel im Tragetuch?

Beitrag von Pharetrata »

AnnaKatharina hat geschrieben: 04.08.2021, 19:19 Deine KiÄ (zu der du ja gehst um kontrollieren zu lassen ob deine Tochter sich normal entwickelt) fand die Bewegungsentwicklung auffällig und hat zu einer Fachperson überwiesen.
Ihre Vermutung woran das liegen könnte ist absurd. Aber die Diagnose "Bewegungsentwicklungs-Verzögerung" hat sie ja icher unabhängig vom Tragen gestellt.

Dazu kommt dass du selber sagt du seiest überbehütend und das was du von deinem Verhalten schildert klingt für mich jetzt schon so als ob du (bewusst und/oder unbewusst) Bewegungserfahrungen verhinderst. Durch aktives eingreifen aber auch durch die innere Einstellung und das Beobachten mit Argusaugen.

Fändest du selbst die Bewegungsentwicklung deiner Tihter vollkommen unauffällig, hätte die KiÄ dich mit dem "zuviel Tragen" ja auch nicht verunsichern können, den wenn alles ok ist kann es ja nicht zuviel Tragen sein.

Dein Entschluss, die Einschätzung der KiA einfach zu ignorieren finde ich ehrlich gesagt erstaunlich.
Die Physio wird sie sich genau anschauen. Entweder es ist alles im Rahmen, dann war es das. Oder es ist nicht im Rahmen, dann bekommt deine Tochter Hilfe.
Genau dafür sind Fachpersonen doch da!
Im familiären Vergleich (meine Geschwister, Cousinen und Cousins haben Kinder zwischen 1 und 3 Jahren) ist sie bezüglich ihrer motorischen Fähigkeit sogar früh dran, von daher bin ich da entspannt. Und die haben alle unterschiedliche Kinderärzte und niemandem wurde dergleichen geraten.
Vielleicht wechsel ich einfach den Kinderarzt.
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Cocolin
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Re: Zu viel im Tragetuch?

Beitrag von Cocolin »

Liebe Pharetrata,

Deine Ausgangsfrage war ja, ob sie zu viel im Tuch ist. Schön, dass dir da der Hinweis schon geholfen hat, dass die Kinder sich ja normalerweise äußern und dass du und deine Kleine da anscheinend gut kommuniziert und du auf sie eingehst, wenn sie im Tuch unzufrieden wird! Aus Trageberaterischer Sicht gibt es da keine genauen Zeitangaben. Je älter und mobiler die Kinder werden, umso mehr Zeit brauchen sie eben auch, um sich selbst auszuprobieren.

Aber ich würde auch sagen: Die Ärztin kennt euch ja bestimmt schon eine Weile und sieht die motorische Entwicklung in der Gesamtheit. Sie sah da ein wenig Bedarf für Unterstützung, mit 13 Monaten nicht frei sitzen ist sie ja auch objektiv etwas spät dran. Physio ist da ja eine recht häufige und einfache Maßnahme.

Vielleicht kannst du es versuchen, nicht als Stressfaktor für deine Kleine zu sehen? Sondern eben als Unterstützung für sie und auch für dich - die Kleinen haben an Physio meist viel Spaß, und du kannst vielleicht auch das eine oder andere mitnehmen für euren Alltag; selbst wenn der/die Therapeut*in dann alles unauffällig findet. Und sollte sie die Untersützung doch brauchen können, erleichtert ihr das einfach die nächsten Entwicklungsschritte und ist nichts Negatives. Und du hast die Physiotherapeut*in auch einfach als zweite Meinung neben der Kinderärztin! :)

Liebe Grüße,
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Glüxkex
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Re: Zu viel im Tragetuch?

Beitrag von Glüxkex »

Pharetrata hat geschrieben: 05.08.2021, 19:38
AnnaKatharina hat geschrieben: 04.08.2021, 19:19 Deine KiÄ (zu der du ja gehst um kontrollieren zu lassen ob deine Tochter sich normal entwickelt) fand die Bewegungsentwicklung auffällig und hat zu einer Fachperson überwiesen.
Ihre Vermutung woran das liegen könnte ist absurd. Aber die Diagnose "Bewegungsentwicklungs-Verzögerung" hat sie ja icher unabhängig vom Tragen gestellt.

Dazu kommt dass du selber sagt du seiest überbehütend und das was du von deinem Verhalten schildert klingt für mich jetzt schon so als ob du (bewusst und/oder unbewusst) Bewegungserfahrungen verhinderst. Durch aktives eingreifen aber auch durch die innere Einstellung und das Beobachten mit Argusaugen.

Fändest du selbst die Bewegungsentwicklung deiner Tihter vollkommen unauffällig, hätte die KiÄ dich mit dem "zuviel Tragen" ja auch nicht verunsichern können, den wenn alles ok ist kann es ja nicht zuviel Tragen sein.

Dein Entschluss, die Einschätzung der KiA einfach zu ignorieren finde ich ehrlich gesagt erstaunlich.
Die Physio wird sie sich genau anschauen. Entweder es ist alles im Rahmen, dann war es das. Oder es ist nicht im Rahmen, dann bekommt deine Tochter Hilfe.
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Im familiären Vergleich (meine Geschwister, Cousinen und Cousins haben Kinder zwischen 1 und 3 Jahren) ist sie bezüglich ihrer motorischen Fähigkeit sogar früh dran, von daher bin ich da entspannt. Und die haben alle unterschiedliche Kinderärzte und niemandem wurde dergleichen geraten.
Vielleicht wechsel ich einfach den Kinderarzt.
Ich habe selbst ein spät laufendes Kind gehabt, der Große hat erst mit 18 Monaten die ersten Schritte gemacht.
Aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen kann ich dir nur raten, dich nicht verrückt machen zu lassen. Du hast einen guten Draht zu deiner Kleinen und bist da sehr feinfühlig was ihre Bedürfnisse angeht. Und ich persönlich habe auch die Erfahrung gemacht, dass die ersten Kinder sowieso stärker behütet werden. Ich bin eher der Typ Glucke und kann dich da gut verstehen. Und im übrigen "Das Gras wächst nicht schneller wenn man daran zieht."
miteinander, drumherum und mittendrin mit den Jungs 9/14 und 9/18 und der kleinen Prinzessin 1/21
AnnaKatharina
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Re: Zu viel im Tragetuch?

Beitrag von AnnaKatharina »

[quote=Pharetrata post_id=5939200 time=1628185116

Im familiären Vergleich (meine Geschwister, Cousinen und Cousins haben Kinder zwischen 1 und 3 Jahren) ist sie bezüglich ihrer motorischen Fähigkeit sogar früh dran, von daher bin ich da entspannt. Und die haben alle unterschiedliche Kinderärzte und niemandem wurde dergleichen geraten.
Vielleicht wechsel ich einfach den Kinderarzt.
[/quote]

Dann seid ihr offensichtlich eine Familie mit deutlicher motorischer Spätenwicklung!
Sich mir 13 Monaten nicht hinsetzen können ist nämlich definitiv nicht "früh dran" da reisst es das "an der Hand laufen" und " an Gegenständen hochziehen " dann auch nicht wieder raus

Ich verstehe wirklich nicht warum du so abgeneigt bist dein Kind mal von einer spezialisierten Fachperson anschauen zu lassen.
Mit K1 (2010) und K2 (2015)
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Re: Zu viel im Tragetuch?

Beitrag von Pharetrata »

Glüxkex hat geschrieben: 07.08.2021, 12:00
Pharetrata hat geschrieben: 05.08.2021, 19:38
AnnaKatharina hat geschrieben: 04.08.2021, 19:19 Deine KiÄ (zu der du ja gehst um kontrollieren zu lassen ob deine Tochter sich normal entwickelt) fand die Bewegungsentwicklung auffällig und hat zu einer Fachperson überwiesen.
Ihre Vermutung woran das liegen könnte ist absurd. Aber die Diagnose "Bewegungsentwicklungs-Verzögerung" hat sie ja icher unabhängig vom Tragen gestellt.

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Ich habe selbst ein spät laufendes Kind gehabt, der Große hat erst mit 18 Monaten die ersten Schritte gemacht.
Aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen kann ich dir nur raten, dich nicht verrückt machen zu lassen. Du hast einen guten Draht zu deiner Kleinen und bist da sehr feinfühlig was ihre Bedürfnisse angeht. Und ich persönlich habe auch die Erfahrung gemacht, dass die ersten Kinder sowieso stärker behütet werden. Ich bin eher der Typ Glucke und kann dich da gut verstehen. Und im übrigen "Das Gras wächst nicht schneller wenn man daran zieht."
Vielen lieben Dank 😘
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Re: Zu viel im Tragetuch?

Beitrag von Pharetrata »

AnnaKatharina hat geschrieben: 07.08.2021, 13:11 [quote=Pharetrata post_id=5939200 time=1628185116

Im familiären Vergleich (meine Geschwister, Cousinen und Cousins haben Kinder zwischen 1 und 3 Jahren) ist sie bezüglich ihrer motorischen Fähigkeit sogar früh dran, von daher bin ich da entspannt. Und die haben alle unterschiedliche Kinderärzte und niemandem wurde dergleichen geraten.
Vielleicht wechsel ich einfach den Kinderarzt.
Dann seid ihr offensichtlich eine Familie mit deutlicher motorischer Spätenwicklung!
Sich mir 13 Monaten nicht hinsetzen können ist nämlich definitiv nicht "früh dran" da reisst es das "an der Hand laufen" und " an Gegenständen hochziehen " dann auch nicht wieder raus

Ich verstehe wirklich nicht warum du so abgeneigt bist dein Kind mal von einer spezialisierten Fachperson anschauen zu lassen.
[/quote]

Bitte lass es nun gut sein.
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Re: Zu viel im Tragetuch?

Beitrag von Pharetrata »

Glüxkex hat geschrieben: 07.08.2021, 12:00
Pharetrata hat geschrieben: 05.08.2021, 19:38
AnnaKatharina hat geschrieben: 04.08.2021, 19:19 Deine KiÄ (zu der du ja gehst um kontrollieren zu lassen ob deine Tochter sich normal entwickelt) fand die Bewegungsentwicklung auffällig und hat zu einer Fachperson überwiesen.
Ihre Vermutung woran das liegen könnte ist absurd. Aber die Diagnose "Bewegungsentwicklungs-Verzögerung" hat sie ja icher unabhängig vom Tragen gestellt.

Dazu kommt dass du selber sagt du seiest überbehütend und das was du von deinem Verhalten schildert klingt für mich jetzt schon so als ob du (bewusst und/oder unbewusst) Bewegungserfahrungen verhinderst. Durch aktives eingreifen aber auch durch die innere Einstellung und das Beobachten mit Argusaugen.

Fändest du selbst die Bewegungsentwicklung deiner Tihter vollkommen unauffällig, hätte die KiÄ dich mit dem "zuviel Tragen" ja auch nicht verunsichern können, den wenn alles ok ist kann es ja nicht zuviel Tragen sein.

Dein Entschluss, die Einschätzung der KiA einfach zu ignorieren finde ich ehrlich gesagt erstaunlich.
Die Physio wird sie sich genau anschauen. Entweder es ist alles im Rahmen, dann war es das. Oder es ist nicht im Rahmen, dann bekommt deine Tochter Hilfe.
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Im familiären Vergleich (meine Geschwister, Cousinen und Cousins haben Kinder zwischen 1 und 3 Jahren) ist sie bezüglich ihrer motorischen Fähigkeit sogar früh dran, von daher bin ich da entspannt. Und die haben alle unterschiedliche Kinderärzte und niemandem wurde dergleichen geraten.
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Ich habe selbst ein spät laufendes Kind gehabt, der Große hat erst mit 18 Monaten die ersten Schritte gemacht.
Aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen kann ich dir nur raten, dich nicht verrückt machen zu lassen. Du hast einen guten Draht zu deiner Kleinen und bist da sehr feinfühlig was ihre Bedürfnisse angeht. Und ich persönlich habe auch die Erfahrung gemacht, dass die ersten Kinder sowieso stärker behütet werden. Ich bin eher der Typ Glucke und kann dich da gut verstehen. Und im übrigen "Das Gras wächst nicht schneller wenn man daran zieht."
Das Sprichwort kenne ich auch und bin da auch ein absoluter Fan davon!

Ich bin auch der ganzen Montessori-Pädagogik sehr zugetan. Ich finde es nicht gut, den Kleinen von Anfang an solchen Leistungsdruck auszusetzen und angeleitet Spielen, ist nicht freies Spielen!!

Ich seh es ja in der Schule, wie die Schüler mit freieren Unterrichtsformen überfordert sind - mal ganz abgesehen, dass manche eine Zeitplanung wie ein Vollzeitarbeitnehmer haben und dann - wen wundert es - nahe am Burnout sind. In meiner 11. Klasse vor zwei Jahren, hatte eine Schülerin einen Suizidversuch hinter sich und war deswegen zwei Monate weg. Ich fand es richtig schlimm noch von ihr Noten machen zu müssen... Aber über unsere Leistungsgesellschaft kann man abendfüllend schimpfen...

Ich wünsche mir für die Kids etwas anderes
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Re: Zu viel im Tragetuch?

Beitrag von blueberry »

Ich habe Deinen Thread angeklickt, weil mir auch mal (von einer Ärztin in der Kinderneurologie und später von einer Physiotherapeutin) vorgeworfen wurde, ich würde zu viel tragen und das Kind würde sich DESHALB nicht altersgerecht entwickeln.

Ich möchte Dich da beruhigen, was das Tragen anbelangt, aber durchaus aufmerksam auf die motorische Entwicklung Deiner Kleinen schauen lassen.
Bei mir war es das erste Kind, das motorisch entwicklungsverzögert war, und so wirklich ist mir erst drei Jahre später beim zweiten, motorisch normal entwickelten Kind (das ich übrigens - da gewichtstechnisch leichter - durchaus MEHR getragen habe als das erste) rückblickend aufgefallen, wie sehr der Große motorisch hinterher war (und immernoch ist). Die doch vergleichsweise kurzen Einblicke in die Entwicklung von Nichten, Neffen und Kindern von Freunden haben mir da nicht gereicht.

Es ist kein Leistungsdruck, der da aufgebaut wird, wenn eine Kinderärztin auf motorische Entwicklungsverzögerungen hinweist. Die Zeitfenster für die Entwicklung konkreter Motorik-Schritte sind ja nicht irgendeiner Vorschrift am Schreibtisch entsprungen, sondern entstehen genau andersherum:

Man schaut sich in groß angelegten Studien an, wie alt Kinder sind, wenn sie diesen oder jenen Entwicklungsschritt meistern, dann sortiert man das nach Alter in Monaten und Tagen - und daraus entstehen Perzentilen. Anhand dieser (beobachteten, NICHT vorgeschriebenen) Normalentwicklung kann man dann ablesen, ob das eigene Kind sich so entwickelt wie die meisten anderen Kinder seines Alters, oder ob es da hinterher ist.

Mir hat damals beim Großen diese WHO-Seite geholfen - die letzte große Studie diesbezüglich stammt von 2006:
https://www.who.int/tools/child-growth- ... milestones

In diesem Text werden sechs Entwicklungsschritte definiert (erst in einer Tabelle auf Seite 2, dann mit Bildern und ausführlicherer Beschreibung ab Seite 3):
https://cdn.who.int/media/docs/default- ... 81277ea7_0

Und dann kann man schauen in dieser grafischen Übersicht:
https://cdn.who.int/media/docs/default- ... ea3a0241_0

oder noch detaillierter hier in den Perzentilangaben:
https://cdn.who.int/media/docs/default- ... 81f3b60b_0

Da kann man dann ablesen, dass Kinder z.B. Krabbeln (im Sinne von auf Händen und Knien zielgerichtet bewegen mit abwechselnd linke-Hand-rechtes-Knie vorwärts [oder rückwärts] und dann rechte-Hand-linkes-Knie vorwärts [oder rückwärts], Bauch berührt dabei NICHT den Boden, mindestens dreimal in Folge in dieselbe Richtung) im Schnitt im Alter von 8,3 Monaten beherrschen, und 99% aller Kinder das mit 13,5 Monaten können.

Und wie gesagt, solche Normen sind deskriptiv, nicht präskriptiv. Von Leistungsdruck kann also keine Rede sein. Man ermittelt so lediglich Entwicklungsauffälligkeiten.

Ich bin völlig bei Dir bzgl. "das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht". Das sehe ich ganz genauso und habe deshalb auch nie "sitzen geübt" oder "Laufen geübt" an der Hand oder zum Stehen hochgezogen, sondern (abgesehen von kurzem, gut abgestütztem Sitzen auf dem Schoß zum Essen - das kann man einem Kind ja nicht verwehren, nur weil es erst mit 16 Monaten sitzen lernt z.B.) abgewartet, bis die Kinder sich jeweils selbst hinsetzen konnten, selbst hochziehen konnten, selbst frei losliefen, ... .

ABER: man kann sehr wohl sagen "Hmm, also dieses Gras wächst objektiv betrachtet wirklich unterdurchschnittlich schnell - Gras dieser Sorte wächst normalerweise so und so schnell" und dann schauen, woran das liegt, und ob man da ursächlich etwas tun kann (um im Bild zu bleiben: fehlt Licht? Wasser? ist der Boden zu stickstoffarm? gibt es einen Schädlingsbefall? ...?)

Und sich dazu fachliche Hilfe zu holen, ist ab einem gewissen Punkt einfach sinnvoll, da es für manche motorischen Entwicklungsschritte auch von der Gehirnentwicklung her sinnvolle Zeitfenster gibt, die ein Nachholen zu einem späteren Zeitpunkt erschweren können - oder die andersherum dann, wenn sie ausbleiben/verspätet kommen, die Entwicklung in anderen Bereichen verzögern können. (Die Krabbelphase ist durch die Rechts-Links-Koordination der Gehirnhälften z.B. so ein Schritt, und uns wurde - als unser Großer endlich krabbelte mit reichlich anderthalb Jahren - gesagt, wir sollten jetzt auf keinen Fall versuchen, ihn aus falschem elterlichen Ehrgeiz nn vorzeitig zum Laufen zu bringen, sondern ausgiebig krabbeln lassen.)

Bei uns kamen letzlich zwei Ursachen zusammen, die das altersgerechte Sitzen, Krabbeln, laufen, ... erschwert hatten:
1. KISS (die Physiotherapeutin hat das nach einigen Sitzungen glücklicherweise bemerkt, dass hier ein echtes Nicht-Können irgendeiner Art vorliegt was z.B. den Vierfüßerstand anbelangt, und uns ermutigt, einen Spezialisten aufzusuchen. Dieser eine Termin mit Röntgen, Untersuchung und zwei Sekunden Therapie war ein echter Durchbruch! Nach monatelangem Entwicklungsstillstand kam dann nacheinander ganz plötzlich Vierfüßer üben, und danach selbständiges Hinsetzen, Krabbeln, Hochziehen, ...).
2. eine Muskelhypotonie, die nicht heilbar oder ursächlich therapierbar ist, und z.B. maßgeblich dazu beitrug, dass stabil ohne Hilfe zu sitzen und selbst ins Sitzen kommen, halt erst mit 16 Monaten möglich wurden (Aufrecht mit erhobenem Kopf stabil sitzen ohne sich mit Händen abzustützen oder nach vorn Richtung Beine in Schräglage zu kommen, wenn man das Baby hinsetzt, können Kinder im Schnitt mit 5,9 Monaten - die 99. Perzentile liegt bei 9,2 Monaten).

Was ich sagen will: niemand will Deinem Kind oder Dir Stress machen. [Und wenn Dir jemand sagt, das späte Erreichen eines Entwicklungsschrittes liege am Herumgetragenwerden, kannst Du das (so Du Dein Kind nicht jeden Tag die meiste Zeit seiner Wachphase immer nur im Tuch hast und nicht rauslässt) getrost zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus lassen]. Aber wenn Entwicklungsschritte im objektiven Vergleich mit gesund entwickelten anderen Kindern spät erreicht werden, sollte man genauer hinschauen und Ursachenforschung betreiben, weil besondere Kinder manchmal etwas mehr Hilfe brauchen, und Entwicklungshemmnisse manchmal sogar komplett behoben werden können, wenn man sie erstmal kennt.

--------------------

Zum Stress mit dem Katzenklo noch: ich bin bis mindestens zum zweiten oder dritten Geburtstag nach dem Motto verfahren "eine Ja-Umgebung schaffen - Nein sagen muss man dann am Tag immernoch oft genug und das Kind kann nur eine begrenzte Zahl von Neins am Tag befolgen".

Es gibt frei stehende oder von Wand zu Wand führende Absperrgitter, die man um Kamin, Katzenklo, heißen Herd etc. herumführen kann, in weiß, schwarz, ... . In unserer großen Wohn-Ess-Küche hatten wir ca. 80% kleinkindsicher gemacht und die übrigen 20% mit einem Gitter (mit für Erwachsene einhändig zu öffnender Tür) vier Meter von Wand zu Wand abgesperrt, so dass ich beim hantieren mit scharfen Messern oder kochendem Wasser z.B. nicht spontan meine Zweijährige zwischen den Füßen hatte. Katzen kommen da locker drüber oder vielleicht bei Metallgittern sogar durch.

Ein U2- oder U3-Kind kann nicht zuverlässig lernen, sich von spannenden, leider gesundheitsschädlichen Dingen verlässlich fernzuhalten. Muss es aber auch nicht.
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blueberry
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Re: Zu viel im Tragetuch?

Beitrag von blueberry »

Ach, und nochwas vergessen: ein Pikler-Dreieck und darunter/drumrum ein Teppich oder mehrere Yogamatten als Fläche gelegt, ist, wenn man viel Platz hat, eine echt tolle Bewegungsanregung für Kinder. Wir hatten eins kombiniert mit einem Rutschbrett, das man einhaken konnte - oder auf dem Boden ein Wackelbrett war. Bei beiden Kindern ein Dauerbrenner über Jahre. (Wohnverhältnisse mit Platz sind diesbezüglich ein echter Segen).
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Re: Zu viel im Tragetuch?

Beitrag von ShinyCheetah »

Interessante Daten!

Mein Sohn war auch super viel im Tuch. Hätte ich ihm das nicht zugestanden, hätte er halt auf dem Boden geweint. Davon lernt man auch nichts motorisch. Meine Tochter ist jetzt ganz anders. Sie braucht diese Körpernähe nicht so und hat daher schon jetzt viel mehr motorische Übung, als mein Sohn hatte. Sie ist da auch locker mal 2 Monate vor ihm.

Also diesen Studienzahlen nach, war F außerhalb der Norm. Mit 9 Monaten konnte er noch überhaupt nicht stabil sitzen, wenn man ihn hingesetzt hat. Gelernt auch hinzusetzen hat er erst Ü1 irgendwann. Gelaufen ist er mit 18 Monaten. Wir haben keine Physiotherapie gehabt und er hat trotzdem alles gelernt. Manches erst sehr spät: Sich vom Bauch auf den Rücken drehen hat er komplett ausgelassen als Baby, weil wozu? Er fand Bauchlage viel interessanter und wollte gar nicht zurück auf den Rücken. Mit 18 Monaten, als er schon laufen konnte, konnte er sich immer noch nicht vom Bauch auf den Rücken drehen. Inzwischen kann er es aber ;) Von daher kommt mir das mit den "Zeitfenstern", in denen ein Kind etwas lernen soll, etwas zu dogmatisch vor.

Also, ich denke, um zum Thema zurück zu kommen, dass oft nicht das Tragen ursächlich für eine späte motorische Entwicklung ist. Beides kann aber schon zusammenhängen. Man fördert die motorische Entwicklung aber sicher nicht durch weniger Tragen. Da ist es viel wichtiger, dem Kind eigene Erfahrungen zu ermöglichen (dabei fühle ich mit dir! F ist aus dem Stehen leider auch oft umgekippt. Sich hochziehen hat er nämlich mit 9 Monaten gelernt, sich wieder runter lassen aber erst mit 13 Monaten oder so. Dazwischen war eine laaange, schmerzhafte Zeit ;))
mit Sohn F (Ende September 18)
und Tochter V (Ende Juni 21)


The trick to happiness wasn't in freezing every momentary pleasure and clinging to each one, but in ensuring one's life would produce many future moments to anticipate. Shallan Davar/Brandon Sanderson
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