Erfahrungsberichte und Links zum Thema Schreien lassen

Wiege oder Familienbett? Allein oder zusammen? Wie schlafen wir alle am besten?

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Weidenfee
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Re: Erfahrungsberichte und Links zum Thema Schreien lassen

Beitrag von Weidenfee »

Möglich Missy, Macht spielt sicher auch eine Rolle. Jedoch, warum muss jemand gegenüber einem ihm Anvertrauten hilflosen Wesen Mittel des Machterhalts anwenden? Das hat er entweder so gelernt, oder eben es gibt ein tiefes Bedürfnis,dass mir nicht erfüllt scheint. VIelleicht hast Du ja noch andere Ideen, mir ging und geht es darum, dass Menschen, die warum auch immer Gewalt ausüben - Unterstützung und Hilfe brauchen, damit vielleicht irgendwann dieser Kreislauf der Gewalt beenden läßt ( denn das Kind,behaupte ich wird dies ebenfalls lernen oder ebenfalls später durch schreien getriggert werden). Es schließt sich Deine und meine Sichtweise überhaupt nicht aus, im Gegenteil, es sind vermutlich zwei Seiten einer Medaille.
Lieben Gruß von Weidenfee. Und dem großen Kind 04/2010, dem kleinen Kind 09/2012 und dem kleinen Wunder 12/2015
AnSchle
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Re: Erfahrungsberichte und Links zum Thema Schreien lassen

Beitrag von AnSchle »

Ja klar weidenfee. Was meinst du woher mein Knopf kommt?
Geerbt. Und auch mein Papa hatte den geerbt. Und wusste es.
Er hat mich genau einmal geschlagen und das sein Leben lang bereut, aus maximaler Überforderung, ich war im Hochwasser abgehauen, kiga-alter, stundenlang gesucht, schon als ersoffen gesehen.
Er war kein feingeist, eher ruppig, an pädagogischen zeug uninteressiert. Aber ihm war klar was ne laute männerstimme oder gar hand einem Kind antut, und je älter ich wurde, desto besser konnten wir darüber reden, auch Eltern haben Grenzen und Fehler, das hilft mir heute noch.
Meine Oma, AE, war oft mit ihm überfordert, hat auch gebrüllt, und mehr als einmal geschlagen, auch sie erkannte den Fehler, schon noch in seiner Kindheit.

Viel schlimmer als schlagen/brüllen/... ist doch wenns dem Täter egal ist danach.
Bisher hat mein Ventil funktioniert, aber hey, das mutterding mach ich noch keine zwei Jahre. [emoji13]
Ich habe aber auch noch nie einen meiner Azubis angebrüllt und die waren auch oft grenzgänger und kaum auszuhalten...

Wichtig ist, wenn es passiert ist, darüber zu reden, das nimmt viel vom verteilten schmerz weg, sich entschuldigen und damit klar machen wer den Fehler gemacht hat.
Kinder nehmen sich so viel an, beginnen an sich und der Liebe zu ihnen zu zweifeln und der Kreislauf geht weiter.

Nur allein das Wissen um den Mechanismus bricht ja nicht mit dem was seit Generationen gemacht wurde.
Es sitzt ja viel tiefer in uns als das Gehirn.
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Missy
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Re: Erfahrungsberichte und Links zum Thema Schreien lassen

Beitrag von Missy »

Weidenfee hat geschrieben:Möglich Missy, Macht spielt sicher auch eine Rolle. Jedoch, warum muss jemand gegenüber einem ihm Anvertrauten hilflosen Wesen Mittel des Machterhalts anwenden? Das hat er entweder so gelernt, oder eben es gibt ein tiefes Bedürfnis,dass mir nicht erfüllt scheint. VIelleicht hast Du ja noch andere Ideen, mir ging und geht es darum, dass Menschen, die warum auch immer Gewalt ausüben - Unterstützung und Hilfe brauchen, damit vielleicht irgendwann dieser Kreislauf der Gewalt beenden läßt ( denn das Kind,behaupte ich wird dies ebenfalls lernen oder ebenfalls später durch schreien getriggert werden). Es schließt sich Deine und meine Sichtweise überhaupt nicht aus, im Gegenteil, es sind vermutlich zwei Seiten einer Medaille.
Das Problem ist, man kann nur dann Menschen helfen, wenn sie die Hilfe auch wollen, bzw. annehmen können.
Sicher hat das was mit der eigenen Biographie zu tun. Und auch hier gibt es wieder zwei Sorten: Die einen sind sich dessen bewusst und bemühen sich drum, das abzustellen. Bzw. Das schlechte Gewissen ist vorhanden.
Und die anderen sehen überhaupt keinen Fehler in ihrem Verhalten und machen das, weil es sich für sie so einfach richtig anfühlt oder es der einfachste weg ist. Da eine Verhaltensänderung von aussen herbeizuführen ist schwer. Denn die wollen gar keine Unterstützung von aussen, für sie ist ihr Verhalten ja nicht falsch. Verstehst du, was ich meine?
Die brechen eher den Kontakt ab, weil man "wegen der Art der Kindererziehung rumnervt".

Da scheitern gern auch offizielle Stellen, wie KiGa, Schule oder Jugendamt.
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Re: Erfahrungsberichte und Links zum Thema Schreien lassen

Beitrag von FrauMahlzahn »

Nido, danke für Deine Schilderung. Mir geht es ähnlich, ich kann bloß nicht die passenden Worte finden.

Ich glaube "ausflippen" ist auch typsache. Ich flippe aus und brülle rum, wenn viele Dinge zusammenkommen, einerseits bin ich eh schon in einer schwierigen Grundsituation (Schlafmangel, Termindruck, Baby brüllt und wir wollen raus...) und wenn dann noch - trotz mehrfacher deutlicher Warnung meine Grenzen immer und immer wieder überschritten werden, reicht eine Kleinigkeit.
Als wir nur ein Kind hatten, bin ich übrigens nie ausgeflippt.

Ich hatte übrigens eine mehr oder weniger bedürfnisorientierte Kindheit. Ich glaubt, das ist kein Triggerpunkt (sonst wäre es ja immer eine ähnliche Situation), sondern hat was mit uralten Programm zu tun. Angriff = Verteidigung, einem Hilflosigkeitsgefühl, z.B. man weiß schon dass die Stimmung gleich kippt und man raus sollte BEVOR man sich in die Haare bekommt, Baby brüllt und die Große muss erst noch das Puzzle fertig machen, sucht gefühlte 10 Stunden nach ihrem Kuscheltier, will die rausgesuchten Anziehsachen nicht anziehen, sucht aber auch nichts neues raus und wenn man dann endlich abmarschbereit ist und man selber schon Baby, Rucksack, Tasche und Spielzeug der Großen in der Hand hat. Setzt sie sich auf den Boden und will die Schuhe angezogen bekommen, obwohl sie es dreimal vorher verneint hat oder will getragen werden... Das sind so typische Losbrüll Situationen oder Babyschwester trotz mehrfacher Ermahnung nicht in Ruhe zu lassen. Da gehen dann manchmal die Beschützerinstinkte durch.



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Re: Erfahrungsberichte und Links zum Thema Schreien lassen

Beitrag von Linguanne »

Fraumahlzahn, du beschreibst die Abläufe hier bei uns. Hast genau das gleiche nur mit zwei Jungs. Ich find übrigens die heimkomm-Situation am stressigsten, wenn alle müde sind, Hunger haben, ich die hände voll, es fallen auf der Treppe schon Dinge runter und der große weigert dich, reinzukommen, wobei ich dringend die Tür schließen muss, weil sonst der kleine wieder rausläuft oder so. Und ich war auch die geduldigste, besonnenste einzelkindmama mit drahtseilnerven. Seit kind zwei da ist, Mann Ansprüche Stellt und ich auch noch arbeiten muss, bin ich sehr dünnhäutig, ungeduldig und angespannt, wenns nicht rund läuft. [emoji37]


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Re: Erfahrungsberichte und Links zum Thema Schreien lassen

Beitrag von Weidenfee »

Missy, ich verstehe Dich total. Ich habe auch keine Lösung, nur so Ideen. Zum Beispiel finde ich es toll, wenn Freunde die nicht hinter dem Konzept schreien stehen, da bleiben. Wer weiß? Vielleicht gibt es doch irgendwann einen Moment, indem das gesagte gehört werden kann. Und das Kind ist nicht nur allein ausgeliefert - es gibt noch wen. Oder SAFE, das ist doch ein kleiner Anfang. Wir haben das mittlerweile in der Krippe und im Kindergarten installiert, in den meine Kinder gehen. die Idee ist, dass die Beziehung so stabil ist zwischen Fachkräften und Familien, dass Gespräche möglich werden die es sonst nicht gäbe. Da würden ja auch die Ideen der KITZ, also der Kindertageseinrichtungen mit angeschlossenen Familienbildenden Maßnahmen passen. Und ja, es ist ein langer steiniger Weg, aber auf der anderen Seite hat sich ja doch schon ganz viel bewegt in dieser Gesellschaft.
Wer weiß? Vielleicht dürfen wir nur die Hoffnung nicht aufgeben, und wenn nur ein Mensch erreicht wird, dann ändert sich was und noch was...

Achso, ich glaube auch genau solche Austauschmomente, wann wir schreien, die helfen auch manchmal, weil dann ist man nicht so allein... Wir sind alle mal dünnhäutig und verletzlich. Die Frage ist dann, was machen wir damit? Aber schön, wenn wir es offen aussprechen dürfen. Also hier zum Beispiel, oder mit Freunden, oder so.

Und ich wurde oft angeschrien. Ich pack das heute noch nicht gut. Und muss da sehr wohl an mir arbeiten, nicht zu schreien, genau in solchen Situationen wie oben beschrieben.

Ich hoffe ihrkönnt meinen müden aber ernst gemeinten Gedanken folgen.
Lieben Gruß von Weidenfee. Und dem großen Kind 04/2010, dem kleinen Kind 09/2012 und dem kleinen Wunder 12/2015
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Re: Erfahrungsberichte und Links zum Thema Schreien lassen

Beitrag von Pelufer »

Ich gebe auch mal zu bedenken, dass erst seit 16 Jahren Gewalt gegen Kinder offiziell strafbar ist. Sowohl körperlich als auch psychisch. Das muss auch erstmal in den Köpfen ankommen und ich vermute, dass die Generation meiner hoffentlich zukünftigen Enkel, die erste Generation sein wird, die das umsetzt, was wir heute versuchen zu unterstützen.

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Cecily
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Re: Erfahrungsberichte und Links zum Thema Schreien lassen

Beitrag von Cecily »

Bei meinen Freunden ist es keine Machtausübung, sondern, Weidenfee hat das geschrieben, eine Mischung aus Hilflosigkeit und nichterfüllten Bedürfnissen.

Ich kann das, habe ich auch schon geschrieben, dem Grunde nach nachvollziehen, finde aber die Reaktion nicht gut. Beide gehen arbeiten und wechseln sich mit den Kindern ab. Sie sind meistens tolle, liebevolle und engagierte Eltern. Wir sind öfters abends da und Anschreien ist nicht an der Tagesordnung. Trotzdem bleibt natürlich diese Konditionierung, dass Kinder nach dem Insbettgehen im Normalfall auch im Bett bleiben sollen.

Und es gibt diese Anschreisituationen wie Sylvester. Da kann ich es auch wieder nachvollziehen: Die Kinder waren lange wach gewesen und waren entsprechend aufgedreht. Die Väter haben die Kinder ins Bett gebracht und unser Freund wollte nach ca. 30 Minuten wieder runter zu uns kommen. Er hatte sich auf uns gefreut und auf den Abend und dann klappt das nicht mit dem Insbettgehen. Sprich: Bedürfnis nach schönem Silvester nicht erfüllt - keine Lösung in Sicht - Kinder anbrüllen.

Ich habe Donnerstag mit meiner Partnerin übers Zähneputzen gesprochen vor dem Schlafen. Zähneputzen / waschen dauert bei uns zwischen 10 Minuten und 1 Stunde. Wenn ich die Krise kriege, löst mich mein Mann ab. Der Mann meiner Partnerin kommt ganz spät abends heim, sie ist also alleine. Bei ihr liegt ein Kissen im Bad, da wird das Kind draufgelegt, sie hält ihm die Arme fest und während er brüllt, putzt sie die Zähne. Damit sei er nach 1 Minute fertig und würde von der Dauer weniger brüllen als sonst. Das ist auch kein Machtgehabe.

Ich habe ihr gesagt, dass ich mir das so nicht vorstellen könnte, sie hat gesagt, dass sie abends keine Zeit für stundenlanges Theater hat.

Aus eigener Erfahrung: Richtig ausgerastet mit Anschreien bin ich bis jetzt nur 2 x. Beim letzten Mal hat er absichtlich meine Brille zerbrochen. Ich habe aber auch einigen Luxus, den andere nicht haben und habe eine rel. hohe Frustrationsgrenze meinem Kind gegenüber. Die hat aber einfach nicht jeder.

Mein Mann und ich reden wechselseitig mit unseren Freunden, wir gehen auch öfters getrennt Männer - Frauen weg. Da fühlt sich auch keiner beleidigt, wenn der andere einzelne Sachen anspricht. Keine Ahnung, ob wir da viel ausrichten.
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Re: Erfahrungsberichte und Links zum Thema Schreien lassen

Beitrag von FrauMahlzahn »

Vielleicht setze ich mich in die Nesseln, aber was solls:
Ich finde es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen Schreien lassen, psychischer und physischer Gewalt aus Überzeugung (z.B. ins Bett stecken o.ä.) auf der einen Seite und demselben aus Überforderung.

Ersteres ist klar abzulegen, zweiteres bedarf wenn es eine Dauersituation ist der Hilfe und wenn es "mal" vorkommt ist es wohl einfach normal.
Wobei die Grenzen zwischen "dauernd" und "mal" ja auch fließend sind und jedes "mal" Anlass dazu sein sollte selber genauer hinzu sehen und zu überlegen wie es in Zukunft besser gelöst werden kann.

Aber: Es gibt einfach Dinge, die ich nicht andern kann, wie meinen Schlafmangel, die Tatsache dass beide Kinder nur von mir ins Bett gebracht werden wollen, die Mittagsschlafverweigerung und zu kurzer Nachtschlaf meiner Großen und damit ihre Müdigkeit zu 2/3 des Tages, die Eifersuchtsattacken, das beide Kinder nicht gleichzeitig ins Bett gebracht werden können, weil sie sich gegenseitig beim Einschlafen stören, die kleine ewig oft aufwacht und die Große so an mir klebt, dass sie in Tränen ausbricht, wenn ich am Wochenende mal alleine raus gehe, dass ich tagsüber alleine mit beiden Kindern bin und und und

Ich kann den Silvestermann verstehen, könnte mir auch passieren. Ich saß heute auch schon heulend im Flur. Und am Liebsten hätte ich losgebrüllt, der Großen eine geklebt oder sie im Zimmer eingeschlossen.

Alle, die solche Momente noch nie erleben mussten, können sich wirklich glücklich schätzen. Vor Kind Nr. 2 kannte ich sie auch nicht.

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Re: Erfahrungsberichte und Links zum Thema Schreien lassen

Beitrag von FrauMahlzahn »

Ich möchte noch ergänzen: Oft lese ich von "Aus der Situation raus gehen" Bei großen Kindern mag das klappen, kleine dackeln hinterher. Ich bin da auch sehr geprägt von Erzählungen meiner Mutter: Deren Mutter (also meine Oma) hat sich oft in der Küche eingeschlossen und das war für die Kinder ganz schrecklich, weil sie nie wussten woran sie waren und ob sie noch lieb gehabt werden und auch meine Große verunsichert ein "Ich muss jetzt kurz allein sein"

(Nebenbei wir hatten mal folgenden Dialog: "Ich geh kurz raus, reg mich ab und komm wieder" - "aber ich komm mit")

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