Literatur zu Stillen/Flasche nach Bedarf vs nach der Uhr

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ShinyCheetah
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Literatur zu Stillen/Flasche nach Bedarf vs nach der Uhr

Beitrag von ShinyCheetah »

Hallo!

Eine Freundin, die gerade versucht wieder schwanger zu werden, hat ihr erstes Kind mit der Flasche großgezogen und auf Anraten des Kinderarztes :evil: schon nach wenigen Wochen einen 4-Stunden-Rhythmus eingeführt. Zu der Zeit hatte ich noch kein Kind. Mein Freund und ich waren zu Besuch, als der kleine, damals ca. 2 Monate alt, anfing quengelig zu werden und dann zu weinen. Wir haben uns echt unwohl gefühlt und haben dann auch vorsichtig nachgefragt, ob es nicht einfach sein könnte, dass er Hunger hat. Sie sagte daraufhin, ja, sogar mit Sicherheit, aber eine Stunde müsste er schon noch durchhalten. Ihr Mann hat dann das schreiende Kind durch die Gegend getragen. Offensichtlich hat man uns unser Unwohlsein deutlich angemerkt, weil sie nach ein paar Minuten dann sowas meinte wie "Mein Gott, was habt ihr denn, Kinder schreien halt mal". Uns kam das damals komisch vor und wir haben uns auf der Fahrt nach hause auch ordentlich darüber echauffiert, aber wir hatten von Babys nunmal tatsächlich keine Ahnung.

Jetzt bin ich Mutter eines nach Bedarf gestillten Kindes und kann ihr Verhalten von damals überhaupt nicht mehr verstehen. In mir krampft sich alles zusammen, wenn ich mitbekomme, dass Eltern ihren Babys bewusst Essen/die Brust/Nähe... verweigern. Ich mache mir inzwischen tatsächlich Vorwürfe, damals meinem Bauchgefühl nicht nachgegangen zu sein und mich einfach mal informiert zu haben.

Nunja, jetzt, wo möglicherweise bald Nummer 2 unterwegs ist, möchte ich noch einmal den Versuch wagen, sie zu überzeugen. Wir sind beide Wissenschaftler. Ich denke also, dass ich mit Fakten eine Chance gegen "Bei Nummer 1 hat's doch wunderbar funktioniert" haben könnte. Wisst ihr von Studien, die sich mit Stillen/Fläschchen nach Bedarf vs. nach Rhythmus befassen? Könnt ihr mir ein paar Totschlagargumente liefern, die über Bauchgefühl hinausgehen? Wie genau schadet man seinem Kind, wenn man seine Hungerzeichen ignoriert, und hat das mal jemand systematisch nachgewiesen?
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The trick to happiness wasn't in freezing every momentary pleasure and clinging to each one, but in ensuring one's life would produce many future moments to anticipate. Shallan Davar/Brandon Sanderson
pqr
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Re: Literatur zu Stillen/Flasche nach Bedarf vs nach der Uhr

Beitrag von pqr »

Zu stillen versus Flasche gibt es recht viele wissenschaftliche Studien, das lässt sich ganz gut finden.
Zum Stillen nach Bedarf kriegt man sicher auch etwas, wenn auch weniger.

Ich selber habe die Erfahrung gemacht, dass selbst bei guten Freunden da Tipps wenig halten.
Wenn Deine Freundin selber Zweifel hatte, gäbe es 2 Optionen:
Sie nimmt den Impuls auf, oder , leider häufiger, fühlt sich kritisiert, weil sie es dann ja bei Kind 1 falsch gemacht hätte...
Viele Grüße
pqr

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ShinyCheetah
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Re: Literatur zu Stillen/Flasche nach Bedarf vs nach der Uhr

Beitrag von ShinyCheetah »

Hi pqr :)

Ja, du kannst dir vielleicht vorstellen, wie unsere Treffen im Moment ablaufen... Ein regelrechter Eiertanz, weil wir gegenseitig nichts von unseren Methoden halten und keine der anderen zu nahe treten will :lol:

Was das Stillen angeht, habe ich keine Chance, fürchte ich. Sie fand das damals ganz schrecklich und hat regelrecht nach Argumenten gesucht, um vor sich selbst zu rechtfertigen früh abzustillen (nach 2 oder 3 Wochen, davor hat sie auch hauptsächlich abgepumpt und Fläschchen gegeben). Hängen geblieben ist bei mir, dass sie meinte, der Belastung der MuMi mit Schwermetallen etc. sei so hoch, das sei bei Pre viel besser :wink:

Aber irgendwie hoffe ich, dass das zweite Kind wenigstens nicht wissentlich hungern gelassen wird... Mein Plan ist, alles, was ich finden kann zusammenzutragen und ihr dann einen möglichst neutralen Aufsatz zu übergeben, der sie vielleicht überzeugt :wink: Denn klar, ich bewege mich da auf dünnem Eis. Zumal Sohn 1 ein fröhliches gesundes Kleinkind ist.
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pqr
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Re: Literatur zu Stillen/Flasche nach Bedarf vs nach der Uhr

Beitrag von pqr »

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/m/pubmed/26869575/

Hier wäre mal ein Übersichts-Artikel
Viele Grüße
pqr

pqr mit Mini 04/2015
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Re: Literatur zu Stillen/Flasche nach Bedarf vs nach der Uhr

Beitrag von pqr »

Viele Grüße
pqr

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ShinyCheetah
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Re: Literatur zu Stillen/Flasche nach Bedarf vs nach der Uhr

Beitrag von ShinyCheetah »

Hmm... Irgendwie fehlt mir da die Plausibilität, damit das wirklich überzeugend ist.

Laut dem Artikel geht es Müttern, die nach Rhythmus füttern, besser, als denen, die das nach Bedarf tun, sie sind aber eher depressiv. Und nach Bedarf gefütterte Kinder haben im Schnitt einen leicht höheren IQ.

Was ich eher erwartet hätte, ist dass Kinder, deren Sättigungs-/Hungerempfinden nicht konsequent ignoriert worden ist, vielleicht später ein gesünderes Essverhalten entwickeln oder sowas in der Art. Oder eine gesündere Muter-Kind-Bindung, weniger psychische Erkrankungen... Sowas. Aber wahrscheinlich ist sowas schwer zu untersuchen.
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Re: Literatur zu Stillen/Flasche nach Bedarf vs nach der Uhr

Beitrag von bluestar »

Das ist jetzt zwar nicht wissenschaftlich aber ich finde als Argument ganz gut wenn man sich mal überlegt wie man sich selber fühlen würde wenn man sehr Hunger hat und dann nichts zu essen bekommt.
Und, das ist jetzt wieder wissenschaftlich, in der modernen Entwicklungspsychologie ist es ja schon bekannt dass Babies sehr unmittelbare Bedürfnisse haben, man kann also nicht erwarten dass sie warten können, es setzt sofort Todesangst ein, Cortisol-Level steigt etc. Es geht ja hier um elementare Bedürfnisse, keine Wünsche. Ich bin jetzt gerade nur man Handy da klappt das mit dem Recherchieren nicht so gut, aber schau doch mal nach Brisch, der ist so die Koryphäe in der Bindungsforschung, der hat zu diesen Aspekten auch geforscht.
Ich versteh aber dein Dilemma, ich hab so Situationen auch schon gehabt... es ehrt dich sehr das du es versuchst, finde ich toll!
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Re: Literatur zu Stillen/Flasche nach Bedarf vs nach der Uhr

Beitrag von bluestar »

Also das war jetzt vielleicht etwas missverständlich: mein Gedanke war dass das Kind ja schreien gelassen wird, was definitiv der Bindung schadet. Also da würde ich ansetzen, weniger an der Idee vom Zeitplan...
+ die Kleine *04/ 2018
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Re: Literatur zu Stillen/Flasche nach Bedarf vs nach der Uhr

Beitrag von Sommermama2017 »

Vielleicht (auch) darüber gehen, woher das mit dem 4-Std-Rhythmus überhaupt kommt? Soweit ich mich erinnere von 1900 oder noch früher? Und es ging um damalige(!) Flaschennahrung, die natürlich längst nicht so optimiert ist wie heute?
Oder aber: wie haben das die Leute GANZ früher ohne Uhren gemacht?
Liebe Grüße von Sommermama mit L. 07/17 und A. 01/21
pqr
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Re: Literatur zu Stillen/Flasche nach Bedarf vs nach der Uhr

Beitrag von pqr »

ShinyCheetah hat geschrieben: 08.02.2019, 15:26
Hmm... Irgendwie fehlt mir da die Plausibilität, damit das wirklich überzeugend ist.

Laut dem Artikel geht es Müttern, die nach Rhythmus füttern, besser, als denen, die das nach Bedarf tun, sie sind aber eher depressiv. Und nach Bedarf gefütterte Kinder haben im Schnitt einen leicht höheren IQ.

Was ich eher erwartet hätte, ist dass Kinder, deren Sättigungs-/Hungerempfinden nicht konsequent ignoriert worden ist, vielleicht später ein gesünderes Essverhalten entwickeln oder sowas in der Art. Oder eine gesündere Muter-Kind-Bindung, weniger psychische Erkrankungen... Sowas. Aber wahrscheinlich ist sowas schwer zu untersuchen.
Danach hab ich gesucht, das war aber nicht so viel Überzeugendes gefunden. Deshalb meinte ich ja Stillen versus Flasche ist besser untersucht.

(Und es gibt auch Veröffentlichungen, die den bedürfnissorientierten Ansatz nicht unterstützen.
Es ist neben einem Wissenschaftlichen eben auch ein ethisches und philosophisches Thema und hat mit dem eigenen Welt- und vor Allem Menschenbild zu tun.)
Viele Grüße
pqr

pqr mit Mini 04/2015
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