Trage "Entwöhnung"

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SpiritGirl
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Trage "Entwöhnung"

Beitrag von SpiritGirl »

Hallo ihr!
Vergangenes Jahr habe ich durch eure Stillberatung solch grosse Hilfe erfahren! Nun wollte ich mich mal mit einem Trage Thema an Euch erfahrene Hasen wenden...

Meine Kleine wird im November 2 und ich trage gerne und ausschliesslich seit jeher. :sling: Ich kann sagen, rückblickend, aus dem High Need Baby wurde ein High Need Toddler.

Nun ist die Trage für sie der absolut sichere Hafen. Wenn sie untröstlich wird, wird keine Brust, keine andere Nähe, kein festes oder loses in Arm nehmen, kein einfach nur da sein, einfach nichts angenommen - ausser die Trage. Dann erst beruhigt sie sich wieder. Waschen konnte ich sie mal wieder unter großem Protest, aber das Tuch wurde, da bekannt, angenommen dann.
Rückentrage war erst super beliebt beim probieren, sie ist fast eingeschlafen darin und war tiefen entspannt. Von einem Tag auf den anderen reagiert sie aber panisch darauf und trotz aller Empathie kann ich das nicht nachvollziehen. Selbst die Rückentrage am Bauch wird heftigst abgelehnt.
In Phasen der Krankheit, des Zahnens, des Wachsens und sich Entwickelns (und irgendwas davon passiert ja quasi dauernd ;) ) habe ich also das sicherheitsbedürftige Kind gefühlt dauernd vorm Bauch oder aber wild gestikulierend und weinend eben dieses einfordernd vor mir.

Wie kann ich ihr andere Sicherheitsinseln schmackhaft machen? Ich versuche die "guten Tage" dafür zu nutzen. Doch es bleibt bei der Trage/Tuch vorne. Sie lässt sich auch nicht anderweitig beruhigen, sondern steigert sich weiter und weiter rein. Ja auch schon soweit das sie nach Luft schnappt und wirklich hysterisch weint. Natürlich läuft sie mehr und mehr und ist eigenständig und durchaus will ich meinen, sicher gebunden. Nur kommen mir manchmal erschöpfte Zweifel, ob sie jemals sich anders zu regulieren weiss als in ihrer, dieser Trage...

Wie haben andere Mütter das Loslassen der vertrauten, Sicherheit gebenden Trage erlebt?
Ich danke euch für eure Gedanken!
Liebe Grüsse
Spirit Girl
Lösche Benutzer 24346

Re: Trage "Entwöhnung"

Beitrag von Lösche Benutzer 24346 »

Ich hoffe, du nimmst das jetzt nicht falsch auf, aber das klingt so süß, was du schreibst. :)
Ich glaube fast, die Antwort steckt schon zwischen deinen Zeilen, oder? Denn eigentlich scheint dein Töchterlein noch nicht so weit zu sein, und du siehst das auch.
Ich hatte auch so ein kleines Klammeräffchen, das allerdings - im Gegensatz zu dem deinigen - unheimlich gern auf meinem Rücken saß und von dort aus die Welt betrachtete. Ich glaube, er war zweieinhalb als er Lust bekam, selbst auf die Reise zu gehen. Aber auch da kehrte er dann bei jeder Unpässlichkeit schnell unter den mütterlichen Flügel zurück, hoch auf den Arm, Hände in meinem Ausschnitt vergraben und das Gesicht an meiner Brust versteckt. Ich hab versucht, das zu akzeptieren und ihm keinen Druck zu machen, und ich glaube, das hat ihm irgendwann die nötige Sicherheit gegeben und er fand die Welt unten dann doch immer spannender. Mit knapp drei Jahren war er dann selbstständiger als mir lieb war..
Er ist auch jetzt noch schnell irritiert, fühlt sich öfter unwohl, jammert, zetert, quengelt - aus dem High-need-toddler wurde irgendwann ein High-Need-Teenie.. Er hat eine außergewöhnlich feine Wahrnehmung, sowohl nach innen als auch nach außen, und wir unsensiblen Mitmenschen können oft nicht verstehen, welch "Kleinigkeiten" ihm gerade das Leben zur Hölle machen. Aber er kann sich inzwischen immer besser den notwendigen Schutz suchen, wobei ich nach wie vor sein wichtigster Bunker bin. Ich leite ihn seit Jahren an, sich selbst Sicherheitsinseln zu schaffen, und das klappt auch immer besser.. aber mit knapp zwei wäre das noch völlig undenkbar gewesen.
Allerdings verspreche ich dir, dass auch dein Töchterlein irgendwann nicht mehr getragen werden braucht.
SpiritGirl
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Re: Trage "Entwöhnung"

Beitrag von SpiritGirl »

Hallo!
Vielen Dank für deine Gedanken!
Schön, dass es sich süss liest, war gar nicht so gemeint/gefühlt :D haha...
Ja, ich weiss die Zeit bringt die Sicherheit... In der Säuglingszeit gabs es oft nichts was half, eben untröstlich und so ist es ja schon wunderbar zu wissen, dass funktioniert. Trotzdem lässt es mich manchmal hilflos dastehen oder beängstigt gar... hört sich dramatisch an : )... haha sind halt ganz ehrliche innere Abläufe die ich wahrnehme... Diese starke Anhängigkeit von der Trage ist manchmal schwer für mich. Und verstehe mich nicht falsch, ich schenke ihr seit jeher sehr gerne und permanent alles an Nähe und Sicherheit was sie braucht und bin durch und durch AP Mama.... Es sind nur irrationale Fragen die da kommen a la: Oh mein Gott, werd ich sie mit 18 noch tragen :D ich lache selber ja! Ich weiss, dem ist nicht so. ich weiss, irgendwann schläft sie nicht mehr im Familienbett und ich geniesse es. Ich weiss, irgendwann stillt sie sich ab und ich geniesse es. Ich weiss, irgendwann kann ich sie nicht mehr vorne tragen oder sie will es nicht mehr ;) (Wer weiss) und ich geniesse es... Nur so eine Angst, was wenn sie mir zu schwer wird und nichts anderes beruhigt sie...
Ach ja... also danke für deine Worte!
Alles Liebe
Lösche Benutzer 24346

Re: Trage "Entwöhnung"

Beitrag von Lösche Benutzer 24346 »

Ich glaube, dieses Liebevolle in deinen Worten war es, was deinen Text so niedlich machte. Man liest heraus, wie unheimlich wichtig dir dein Töchterlein ist und wie gern du sie begleitest. Und deine Sorgen sind auch verständlich. Manchmal steht man da und fragt sich, was eigentlich passiert, wenn man irgendwann nicht mehr kann, oder nicht mehr will. Wird sie irgendwann klarkommen? Wird man irgendwann wieder Pausen haben, wird man irgendwann nicht mehr die einzige Insel sein?

Mein Sohn würde sich auch jetzt manchmal noch gern bei mir verkriechen, er hält sich oft tapfer den ganzen Tag in der Außenwelt und kommt dann total kaputt heim und mault und jault mich voll, und das einzige, was ihn dann wieder aufbaut, ist der Mamaflügel. Ich kann mir selbst jetzt noch nicht vorstellen, dass er irgendwann einfach aus dem Haus geht und groß ist.
Er saß mit 7 Jahren das letzte mal im Tuch auf meinem Rücken.. und auch das nur für ganz kurz. Er fand es großartig, aber hat irgendwie auch gemerkt, dass es definitiv vorbei ist.

Was ich sagen will, das Entwöhnen/Umgewöhnen erfolgt nicht schlagartig sondern in kleinen Schritten. Möglicherweise will sie irgendwann nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit in die Trage, weil sie weiß, dass sie jederzeit hinein dürfte. Irgendwann ist ihr Bedürfnis nach dieser Sicherheit befriedigt und sie braucht vielleicht gar keinen "Ersatz" in dem Sinne, weil ihre innere Sicherheit groß genug ist. Und es kommt auch irgendwann die Zeit, da bist du nicht da zum Trostspenden, keiner hat eine Trage dabei und sie wird sich trotzdem beruhigen und lernen, dass es auch andere Wege gibt. Sie wird danach sicher erstmal zu dir kommen, sobald du wieder verfügbar bist, und getragen werden wollen, und wird sehen, dass man das Bedürfnis auch aufschieben kann und es trotzdem schön ist.
Genauso ist es ja mit dem Stillen und dem Schlafen auch. Anfangs wird man fast aufgefressen vom ständigen Stillen, mein Sohn hat die ersten beiden Jahre ausschließlich gestillt und jegliche Nahrung verweigert. Aber dann begann er zu futtern, erst zaghaft und musste hinterher immer erstmal stillen, irgendwann ist er nach dem Essen aufgestanden und spielen gegangen. Irgendwann war ich einen ganzen Tag außer Haus und er hat nicht gestillt, und eines schönen Morgens hat er entsetzt festgestellt, dass er nachts vergessen hat, seine Meme zu trinken. Er hat sich immer wieder rückversichert, dass es noch möglich ist, und es immer wieder mal eingefordert, aber kam immer besser ohne zurecht. Und eines Tages war es dann vorbei. Der Abstillprozess fing also mit knapp zwei Jahren an und endete mit knapp 4,5..
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Re: Trage "Entwöhnung"

Beitrag von SpiritGirl »

Ich danke dir sehr für deine Worte, deine Gedanken und es kommt ganz viel liebevolle Achtsamkeit bei mir an. DANKE!
Genau das habe ich gebraucht und ja, vielleicht braucht es sogar keinen Ersatz, sondern ihre Sicherheit wächst graduell an... Viele schöne Gedanken, wichtige Erafhrungen die ich lesen durfte... Das lasse ich mal sinken... Danke
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Glöckchen
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Re: Trage "Entwöhnung"

Beitrag von Glöckchen »

Ich habe die anderen Antworten nicht gelesen...
Mausi schlief jeden Abend im Sling ein, meistens beim Papa. Von einem Tag auf den anderen sagte sie uns, dass sie das nicht mehr möchte und direkt ins Bett geht.
Lass der Dinge ihren Lauf :)
Hat zwei Töchterlein von 09/14 und 03/17 und einen Schützling von 08/18
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Re: Trage "Entwöhnung"

Beitrag von koalina »

Mich beeindruckt wie wertvoll tragen ist. Vor ein paar Tagen hatte ich 2 schreiende Kinder. Normal kann ich nicht Tandem tragen. Habe es an dem Abend auch nur 10 Minuten geschafft. Die reichten aber, damit Krümel runter kam. Er durfte kuscheln. Und hat es sehr genossen. Ihr werdet euren weg finden.
--.-'-;@

mit Krümel (*15) und Krümelchen (*17)

Unsere kleinen Wunder... kamen überraschend und haben unser Leben mehr bereichert als man es in Worte fassen kann.

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Re: Trage "Entwöhnung"

Beitrag von SpiritGirl »

Danke für's teilen eurer Erfahrungen!
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Jamelek
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Re: Trage "Entwöhnung"

Beitrag von Jamelek »

Bei meinem Kleinen, jetzt 4 1/2 Jahre war es ähnlich. Er war sowieso draußen lange vorsichtig damit alleine die Welt zu erkunden und dann immer schwubs zurück in den Sling oder Trage bei mir. Und auch nur vorne. Das zog sich gut bis nach den 3. Geburtstag. Wobei ich Glück hatte, mein Sohn ist immer sehr klein und zart gewesen war, aber ich bin auch klein, daher wurd es auch irgendwann mit den Gliedmaßen schwierig und mir einfach auch zu schwer vorne. Ich habe es dann nach und nach geschafft, diese Rückzugsoase auf eine Bank oder ähnliches zu verlagern. Also ihn schon normal eingebunden, aber dann mit ihm hingesetzt und gekuschelt. Als das etabliert war, hat es irgendwann gereicht hinsetzen auf den Schoß nehmen und das TUch quasi über ihn rüberlegen. Tja, und irgendwann war der Sling dann nicht dabei und es ging auch ohne, hat er erst gar nicht bemerkt. Beim nächsten Mal dann nachgefragt, da habe ich ihn daran erinnert, dass wir ihn doch beim letzten Spielpatzbesuch auch nicht hatten und damit war er eigentlich ausgeschlichen.
Vielleicht ist das auch ein Weg für dich`?
Jamelek
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Re: Trage "Entwöhnung"

Beitrag von SpiritGirl »

Liebe Jamelek,
ich habe grade erst deine Antwort gesehen... ohje... mich aber sehr gefreut. Danke dafür und das macht es für mich wirklich greifbar... den Übergang... Danke!
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