Erfahrungen aus Windelfreier Kultur

Babys ohne Windeln? Gibt's denn das? Klar....

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Carraluma
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Erfahrungen aus Windelfreier Kultur

Beitrag von Carraluma »

Lange schon interessiert es mich, wie wohl jemand, der in einer Wf-Kultur aufgewachsen ist bzw gelebt hat, über Wf redet und würde gerne einen Erfahrungsbericht lesen und Fragen stellen.
Ist hier so jemand? Oder kennt ihr in diesem Forum jemanden? Vielleicht liest diese Person auch nicht in diesem Unterforum, weil für diese Person evtl kein Austauschbedarf zu diesem Thema besteht.
Bin schon sehr gespannt. Viele Grüße,
Carraluma
Carraluma mit der Tanzmaus (*2012), dem Waschbären (*2016) und der Quatschmaus (*2019)
snerkey
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Re: Erfahrungen aus Windelfreier Kultur

Beitrag von snerkey »

Hallo Carraluma,

ich bin in einer Wfkultur aufgewachsen. Ich und meine Geschwister haben nie eine www Windel getragen. Damals musste man seine Kinder auch ziemlich früh in eine Kita abgeben. Ich war zB schon mit 1,5 Jahren in einer Kita (meine Schwester schon mit 6 Monaten). Aber da es damals keine Windeln gab, habe ich keine getragen. Und wenn ich gepinkelt habe, mussten die Erzieherinnen mich einfach umziehen (und damals waren 20-30 Kinder in einer Gruppe!). Meine Mutter meinte, dass ich mit 1,5 Jahren ziemlich zuverlässig trocken war, aber ab und wieder schon mal Pannen hatte, wenn man nicht aufgepasst hat.

Ich finde es irgendwie traurig, dass man hier in Deutschland (aber wohl auch im ganzen Westen) keine Möglichkeit hat, das Kind in die Betreuung zu geben ohne ihm eine Windel anzuziehen. Und generell diese Ansicht auf Wf als ein Zwang für Kind. Ich habe mich erst nicht getraut zu sagen, dass mein Kind wf aufwächst. Aber als die Leute es nach und nach erfuhren, waren sie ziemlich loyal. Und was mich überrascht hat, viele wussten schon was über wf oder haben schon mal was gehört. Ich finde wf muss weiter in die Masse verbreitet werden, so dass die Leute das als normal empfinden. Aber www ist wohl einfach zu bequem.

Also das wäre meine Ansicht auf wf. Hast du noch welche Fragen?

LG,
snerkey

PS sorry für mögliche Fehler, wie man denken kann, Deutsch ist nicht meine Muttersprache
Towonda
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Re: Erfahrungen aus Windelfreier Kultur

Beitrag von Towonda »

Äh, WWW gibt's erst seit den 70er Jahren. Ich gehöre hier zugegebenermaßen zur älteren Generation, aber meine Eltern sind windelfrei aufgewachsen. Hier in D. Und meine Großmutter, die als Landwirtin 11 Kinder großgezogen hat, hat vor 3 Jahren herzhaft gelacht, als ich ihr gesagt habe, dass unsere Kleinste "windelfrei" aufwächst. Sie meinte nur trocken: "Ach so nennt man das jetzt." Sie erzählte mir, dass sie auf dem Feld völlig selbstverständlich ihre Kinder "abgehalten" hat (- den Ausdruck kannte sie auch nicht :D ) und man hat sich halt mit Mullwindeln beholfen und selbstgebastelten Hosen mit Gummizug etc, die man schnell runterziehen konnte. Eigentlich ganz genau so, wie ich das mit der Kleenen auch gemacht habe.
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Carraluma
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Re: Erfahrungen aus Windelfreier Kultur

Beitrag von Carraluma »

oh, toll, danke schon mal für eure Berichte, snerkey und Towonda! Das ist so aufregend, dass ihr euch gemeldet habt.
Ich hatte schon befürchtet, dass sich niemand meldet, weil sich jemand, für den wf kulturell selbstverständlich ist, vielleicht gar nie in ein Wf-Forum verirrt. Ich habe mir über so vieles Gedanken gemacht. Bisher kenne ich wf nur aus dem Internet (und eigenem Kind). Ich habe noch so viele Fragen. Vielleicht kommen noch mehr Leute hinzu, die mitreden wollen.

Aus welchem Land kommst du denn, snerkey? Werden dort immer noch die meisten Kinder wf aufgezogen? Ab wann wurde meist mit wf begonnen? Wurde anfangs, wenn ja wie lange etwa (Stoff-)Windeln verwendet? Wie lief es mit Wf nachts? FB? Stillen?
Das mit der frühen KiTa-Betreuung ist auch interessant. Weißt du wie die Erzieherinnen das mit den unter 1 Jährigen gemacht haben. Kannten die Erzieherinnen die Babies so gut, dass sie ihre Signale erkannt haben?

Towonda, ich habe mir auch schon überlegt, dass die Frauen vor www und Waschmaschine bestimmt mehr auf die Ausscheidungen ihrer Kinder geachtet haben. Besonders, wenn sie die Windeln nach dem großen Geschäft noch per Hand auskochen mussten. Aber es wurde mir halt immer von Stoffwindeln erzählt. Irgendwie muss das Wissen über wf ja fast innerhalb einer Generation verschwunden sein. Meine Mutter, die ja eigentlich noch von meiner Großmutter (geb. Anfang des letzten Jahrhunderts) gelernt haben sollte, hätte es mir wahrscheinlich nie geglaubt, dass ein kleines Baby schon "aufs Töpfchen" machen kann, wenn meine Kleine es ihr nicht gezeigt hätte. Außerdem wurden mir eher immer so Geschichten erzählt, wie die Mütter mussten früh wieder auf dem Feld mitarbeiten und die Kinder hätten dann den halben Tag mehr oder minder unbetreut in ihren Bettchen gelegen. Auch heißt es ja immer die Babies hätten früher (dank schreien lassen?) schon früh durchgeschlafen. Sind das alles nur Märchen? Das kann ich mir für wf-Babies nun aber gar nicht vorstellen. Hast du da irgendwelche Infos von deiner Oma?

Bin schon gespannt auf die Antworten!
Carraluma
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LaLeMi
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Re: Erfahrungen aus Windelfreier Kultur

Beitrag von LaLeMi »

Nicht ich, aber ich hatte neulich eine Kundin in meinem Windelfrei-Kurs; deren Mann ist Perser und Wf. aufgewachsen. Auch kam ihre SchwieMa ganz selbstverständlich nach der Geburt und blieb 40 Tage, um die Wöchnerin zu umsorgen - und wunderte sich, dass deren eigene Mutter nicht da war in dieser zeit.




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Re: Erfahrungen aus Windelfreier Kultur

Beitrag von snerkey »

Hallo Carraluma,

Ich komme aus Russland. Ich weiß es nicht genau wie es jetzt mit wf aussieht. Ich denke mal die Windeln haben Überhand genommen. Viele benutzen Stoffwindeln, um Geld zu sparen. Ich kenne auch einige, die Kinder erst später anfangen aufs Töpfchen zu setzten, also mit 1 Jahr oder so, wenn sie ein bisschen mehr verstehen. Ich habe letztens gehört, dass in Frankreich auch so gemacht wird, da da Kinder mit 2 trocken sein müssten.

Strenggenommen waren Kinder von Anfang an wf, man hatte schließlich keine Windeln. Man hat nur "Mullwindeln" benutzt. Damals war es etwas schwierig mit Beschaffung von Babysachen (und allen anderen Sachen auch), deshalb hat man da irgendwelche weiche Stoffe genommen, wie zB alte Bettwäsche (weiß du so alt, dass es so dünn und weich ist) oder Mull (ich weiß nicht ob man es hier kennt, es ist quasi Verbandmull, den man in großen Mengen für ganz billig kaufen kann). Man fing an Kinder abzuhalten als sie den Kopf gut halten konnten, also mit 2-3 Monaten. Meine Mutter wusste zB nicht, dass Babies irgendwelche Signale geben, sie hat einfach nach Gefühl und Zeit abgehalten. Und später, wenn das Kind sitzen konnte, auf ein Töpfchen gesetzt. Als Hilfsmittel hat sie Wasser planschen lassen. Nachts hat sie über einer Mullwindel abgehalten oder einfach Mullwindeln gewechselt. Ich denke Stoffwindeln wurden benutzt bis das Kind mehr oder weniger zuverlässig trocken war und deutlich signalisieren konnte.

ich weiß nicht ob man es verallgemeinern kann, aber ich und meine Geschwister haben ziemlich lange im FB geschlafen. Die größeren Geschwister bis das nächste Kind kam und ich bis meine Schwester auszog und damit ein Bett frei machte (ich war 10 oder 11). Aber ich habe es immer genossen. naja mit 10 habe ich mich aber auf das eigene Bett gefreut :)

Wie das in Kitas ablief weiß ich nicht. Vielleicht weiß es meine Mutter.

Meine Mutter hat mir erzählt, dass in ihrer Kindheit (nach dem Krieg) Kinder/Babies ganz früh auf sich allein gestellt waren. Sie hatten ein Loch in der Hose, so dass alles raus laufen/fallen konnte. Und Kinder haben auch damit gespielt und auch schon mal gegessen. Ich weiß nicht genau ob es damals Bettchen gab, ich glaube nicht, weil Babies zu Hause an einer Leine festgebunden blieben (wie das mongolische Baby im Film "Babies", falls du es kennst), damit sie nicht an den Ofen ran gingen oder abhauten. Klingt hart, aber da waren es auch harte Zeiten und es ging wahrscheinlich nicht anders. Sowas macht doch keine Mutter freiwillig.

Ich hoffe, ich konnte einige deiner Fragen beantworten.

Ich hoffe auch auf zahlreiche Rückmeldungen. Mich würde interessieren wie es mit wf in afrikanischen Ländern abläuft. Ich habe gehört, dass die Babies da nachts gar nicht pinkeln. Ob das wohl stimmt? Es ist erstaunlich wie unterschiedlich wf in verschiedenen Kulturen praktiziert wird!
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mayra
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Re: Erfahrungen aus Windelfreier Kultur

Beitrag von mayra »

Interessant, deine Schilderungen. Eine Userin hat hier mal vom Afrika-Urlaub bei der Verwandschaft ihres Mannes geschrieben. U.a. das die Kinder einfach machen und Hunde den Kot dann auffressen... vielleicht findet ihr den Bericht ja wieder?
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mayra
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Re: Erfahrungen aus Windelfreier Kultur

Beitrag von mayra »

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snerkey
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Re: Erfahrungen aus Windelfreier Kultur

Beitrag von snerkey »

Vielen Dank mayra, es ist echt interessant. Kinder lernen wirklich schnell voneinander, auch das auf Toilette gehen. Meine Mutter meinte zu mir auch mal, dass mein Kind es schnell lernen wird, wenn es in der Kita andere Kinder sieht wie sie auf Toilette gehen. Schön wäre es! Vielleicht sollten wir auch so einen Urlaub machen? Nur mich beobachten hilft irgendwie nicht viel :)
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Carraluma
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Re: Erfahrungen aus Windelfreier Kultur

Beitrag von Carraluma »

Vielen, vielen Dank für deine persönlichen Schilderungen, Snerkey,
und Mayra fürs Verlinken der Afrika-Erlebnisse!
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