Liebe Mondenkind,
vielen Dank für deine Antwort.
Ich habe ein paar Tage gebraucht, um mich zu sortieren.
Es sieht so aus: Ja, psychologische Betreuung ist gut und sinnvoll. Das werde ich auch weiter machen. Gleichzeitig möchte ich mir aber weniger “reinreden“ lassen. Klar sind das alles auch nur Vorschläge, aber wenn es so gar nicht rund läuft, neige ich dazu, den Fehler bei mir und allem, was ich tue, zu suchen. Deswegen tut es mir auch gut, mich hier immer wieder ein bisschen rückversichern zu können.
Mondenkind hat geschrieben:Dein Kind ist ein Säugling. Dass sich ein Säugling übers Saugen reguliert, ist ganz normal. Deswegen heißt der so. Und Saugen ist nicht gleich "Essen". Saugen ist Nahrungsaufnahme, Flüssigkeitsaufnahme, Nähe, Regulation, Geborgenheit, Schmerzstillung, Wärmeregulation, Sicherheit, Bindung...
Da war ich mir dann doch unsicher... weil sie meinte, dass die Regulation über die Brust eben nicht funktioniert. Ich fürchte, da habe ich ihm auch nicht wirklich geholfen die letzten Wochen. Ich war so oft furchtbar verzweifelt und traurig, wenn es wieder nicht geklappt hat...
Finden wir es nicht auch gemein, nachlässig oder lieblos, wenn wir um alles mehrfach oder nachdrücklich bitten müssen? Gerade bei unseren wichtigsten Bedürfnissen? Dieser Rat widerspricht den gängigen Stillempfehlungen, aber ich finde es ist auch eine Frage des Respekts vor dem kleinen Menschen und seinen Bedürfnissen.
Ja. Das ist genau meine Überzeugung. Ich habe es natürlich nicht ausprobiert, weil mir das völlig gegen jedes Gefühl gegangen wäre. Und weil ich denke, dass ihn das erst recht fertig machen würde. Erst kriegt er beim Stillversuch negative Emotionen ab, dann darf er gar nicht mehr an die Brust. Das schien mir nicht zielführend zu sein. Aber es hätte ja sein können, dass mein Gefühl da versagt und man in dem Fall nach anderen Empfehlungen handelt. Danke für die Bestätigung, dass dem nicht so ist.
Nun haben wir 2 Probleme:
- Fütterstörungen sind übers Forum wirklich nicht gut zu betreuen
Ja, das denke ich mir... leider finde ich im Netz nicht wirklich brauchbare Informationen und weiß auch nicht, am wen ich mich noch wenden soll. Die Psychologin arbeitet in der Abteilung für Mutter-Kind-Probleme, deswegen hatte ich gehofft, dass sie in solchen Dingen kompetent ist (auch speziell aufs Stillen hin gesehen). Ich hätte noch die Möglichkeit, in die Tagesklinik zu gehen mit ihm, aber ich fürchte, das könnte noch mehr negativ eingreifen. Die Ostheopatin bescheinigt uns Blockadefreiheit, und die Kinderärztin sieht ohne Gedeihstörung kein Problem. Wen gibt es denn noch..?
- es ist schwierig, sich von 2 Leuten mit diametralen Ansichten betreuen zu lassen
Auch ja. Ich werde ihr nächste Woche sagen, dass ihre Vorschläge (bzgl aufs Schreien warten) für mich nicht in Frage kommen.
Ich helfe dir natürlich gerne bei der Entscheidungsfindung.
Wie es jetzt weitergehen soll, meinst du? Danke.
Ich habe für mich beschlossen, den Weg von Geduld und Spucke zu gehen
Das heißt, dass ich ans Stillen völlig stressfrei und zwanglos rangehen möchte, damit wir aus dem Teufelskreis “je schlechter es mir geht, desto schlechter trinkt er, und je schlechter er trinkt, desto schlechter geht es mir“ rauskommen.
Das wird bestimmt nicht immer einfach, aber die letzten beiden Tage lassen mich hoffen. Mein Fahrplan ist gerade, dass er an die Brust darf, wann immer er möchte, und dass er dann damit machen darf, was er will. Das Stillen hat so zwar immer noch ca eineinhalb bis zwei Stunden gedauert (und dann ohne nennenswerte Pause dazwischen), aber er hat wenig geweint und ab und zu auch gut im Sitzen gestillt. Einmal ist er sogar in Wiegeposition eingeschlafen, ich weiß nicht, wie lange das her ist.
Heute abend hatten wir dann tatsächlich so was wie eine richtige Stillmahlzeit! Zwar hat er viel abgedockt und gewimmert, und ich musste auch mal die Position wechseln, aber er hat sofort losgetrunken, als ich es ihm angeboten habe, und mir signalisiert, wann er die Brust wechseln will. Dann abgedockt zum Einschlafen und dann wollte er nur nochmal kurz nuckeln, bevor er ganz weg war. Alles innerhalb von 30 Minuten.
Ich bin dann noch ein bisschen liegengeblieben und musste weinen vor Glück und Stolz (auf den Babymann).
Oh Mann, jetzt erzähle ich so lang und breit irgendwelche Sachen. Für mich ist es so, dass ich dadurch jetzt wieder ein bisschen Hoffnung gefasst habe, dass wir die Kurve noch kriegen. Deswegen die ausführliche Begeisterung.
koalina hat geschrieben:Darf ich mal nachfragen, was fütterstörung meint? Höre das zum ersten mal.
Die Fütterstörung gehört zu den Regulationsstörungen. Das heißt, dass er ein Problem damit hat, sich selbst zu regulieren, wie Schreikinder, nur dass es sich bei ihm nicht in exzessivem Schreien äußert, sondern in schwierigem Verhältnis zum Stillen. Die offizielle Definition ist wohl, dass eine Mahlzeit regelmäßig länger als 45 Minuten dauert, während die nächste schon nach zwei Stunden oder früher beginnt. Dann gibt es noch einige andere Symptome, die bei uns auch gut zutreffen. Insgesamt ein schwieriges Verhältnis zur Nahrungsaufnahme.
Das bedeutet nicht, dass das, was bisher hier so geschrieben wurde, nicht greift, ganz im Gegenteil! Ich habe hier ganz viele wertvolle Tipps bekommen, zB zum Schlafen. Massive Schlafprobleme gehören auch zum Feld der Regulationsstörungen, wobei das bei uns eher tagsüber der Fall ist. Sein Nachtschlaf ist super
aber am Tag geht das Nichtstillen eben Hand in Hand mit Nichtschlafen. Auch, dass er manchmal recht viel Milch abbekommt, tut seinen Teil dazu. Da habe ich aber das Gefühl, dass ich mittlerweile gut gegensteuern kann.
Ui. Viel Text. Sorry, dass es so lang geworden ist...